Du magst es kurz?
Zuhören, Fragen stellen, Verstehen wollen. Von deinen eigenen Erfahrungen und Gefühlen erzählen. Und nicht im Klein-Klein verlieren. Das sind die wichtigsten Tipps, wenn Klimagespräche schwierig werden.
Darum geht‘s
- Sprich von dir selbst.
- Versuche, die Gründe zu verstehen.
- Hör zu und gehe in den Dialog.
- Werde emotional.
- Fokussier dich auf die Big Points.
- Suche Abstand.
- Warum überhaupt über das Klima sprechen?
Wer ein unverfängliches Thema gesucht hat, konnte sich früher einfach auf’s Wetter retten. „Ganz schön warm heute!“ oder „Könnte langsam mal aufhören zu regnen, oder?“, waren ein sicherer Zufluchtsort. Das hat sich in Zeiten von Überhitzung und Starkregen deutlich geändert. Beim Wetter schwingt die Klimakrise schnell mit. Nichts mehr mit sicherem Boden.
Denn Gespräche übers Klima können ziemlich herausfordernd sein. Selbst dann, wenn man sich über die grundsätzliche Tatsache einig ist, dass die Klimakrise da und menschengemacht ist. Wie man das Klima schützen kann, welchen systemischen Wandel wir dafür brauchen, wie viel man vom Einzelnen erwarten kann, welche Parteien das tatsächlich umsetzen würden und auch, welche Formen des Klimaaktivismus angemessen und zielführend sind – über all das kann man sich trefflich streiten.
Was also kannst du tun, wenn das Thema plötzlich da ist? Mit der besten Freundin, beim Familientreffen, auf dem Straßenfest, in der Mittagspause oder unterm Weihnachtsbaum? Oder wenn du es vielleicht selbst aufwerfen möchtest, weil es dir wichtig ist?
Wir haben ein paar Tipps zusammengetragen, die dir helfen können, damit das nächste Gespräch über den Klimawandel nicht zur Krise wird.
Sprich von dir selbst.
Wenn du das Thema selbst aufbringen möchtest, ist es weniger gut, das mit erhobenem Zeigefinger und Vorwürfen zu tun. Anstatt Vorwürfe zu machen, sprich lieber von deinen eigenen – alternativen – Erfahrungen.
„Findest du nicht, dass du dir die Kreuzfahrt angesichts der Klimakrise besser sparen solltest?“ ist zum Beispiel kein besonders konstruktiver Gesprächseinstieg.
Besser wäre etwa: „Wir waren ja im September in Barcelona, und die Bahnfahrt dahin hat echt Spaß gemacht.“
Für ein vorsichtiges Vorfühlen der Stimmung und einen konstruktiven Austausch ist das Erzählen von eigenen Erfahrungen und Lösungsansätzen ein toller Einstieg.
Versuche, die Gründe zu verstehen.
JJa, ich weiß, das ist nicht immer leicht, aber es hilft.
Deine Cousine hat für das nächste Jahr schon drei Flugreisen und eine Kreuzfahrt geplant? Das treibt ihre CO2-Bilanz tatsächlich kräftig in die Höhe und natürlich wäre es fürs Klima großartig, wenn mehr Menschen auf diese Art Urlaub verzichten würden. Aber jede*r hat für solche Entscheidungen unterschiedliche Gründe. Du musst diese Gründe nicht gutheißen, aber du kannst versuchen, sie zumindest zu verstehen.
Vielleicht ist die Kreuzfahrt ein Kindheitstraum, den sie sich jetzt endlich finanziell erfüllen kann?
Vielleicht steht am Ende einer Flugreise ein Treffen mit Familienmitgliedern, die sie lange nicht gesehen hat?
Vielleicht ist schlicht nicht genug Geld da, um die Reise mit der Bahn zu machen? (Dass Bahnreisen häufig teurer sind als Flüge ist ein Thema, dass wir gesellschaftlich unbedingt angehen müssen, aber wenn deine Cousine nicht gerade Mitglied der Bundesregierung ist, werdet ihr diesen Brocken in eurem Gespräch wohl nicht in Bewegung bringen können.)
Versuch dich in dein Gegenüber zu versetzen und wirklich zu verstehen, welche Gründe, welche Wünsche oder welche Ängste hinter den Entscheidungen stehen. Das macht die Entscheidungen natürlich nicht besser, aber es kann dir helfen, sie besser zu verstehen. Das hilft vielleicht noch nicht dem Welt-, aber zumindest eurem Gesprächsklima. Und ein gutes Gesprächsklima ist Voraussetzung dafür, dass dein Gegenüber offen dafür ist, dir und deinen Gedanken überhaupt zuzuhören.
Hör zu und geh in den Dialog.
Apropos zuhören: Damit du dein Gegenüber verstehen kannst, musst natürlich auch du zuhören. Und damit meine ich: Richtig zuhören. Wisch nicht einfach alles weg, was du anstrengend, doof oder unpassend findest. Und vor allem: Geh auf dein Gegenüber ein. Stelle Fragen. Und suche Gemeinsamkeiten.
Stelle Fragen.
„Wer fragt, der führt.“, das wusste schon Sokrates. Und nicht ohne Grund gehören die richtigen Fragetechniken heute zur Grundausstattung jedes Vertriebsseminars. Auch dein Klimagespräch kannst du mit den richtigen Fragen steuern. Zum Beispiel kannst du das Gespräch immer näher an belegbare Fakten annähern, indem du hingeworfene Behauptungen hinterfragst.
„Ach, echt? Wer sagt das?“ – „Wo hast du das gelesen?“ – „Auf welche Quelle beziehen sie sich da?“ Mit solchen Nachfragen nimmst du dein Gegenüber ernster, als wenn du mit Gegenargumente n und wissenschaftliche Fakten um dich wirfst. Wenn es hilft, kannst du dich dabei ruhig ein bisschen dumm stellen.
Wenn du die Klimakrise vorsichtig in deinem Umfeld ansprechen möchtest, kann dir das Dialog-Kartenspiel „Klimakrise & Zukunft“ von Greenpeace dabei helfen. Mit 35 eher offenen und unverfänglichen Fragen bietet es schöne Gesprächsanlässe, die du auch beim Familienessen diskret unterm Tisch am Smartphone abrufen kannst, wenn das Gespräch stockt.
Suche Gemeinsamkeiten.
Auch wenn ihr zum Beispiel für eure Urlaubsgestaltung sehr unterschiedliche Wege gesucht habt: Bestimmt gibt es Themen, auf die du dich auch mit deiner vielfliegenden Cousine einigen kannst. Darauf, dass Barcelona eine tolle Stadt ist, zum Beispiel. Du kannst ihr ruhig zustimmen, dass Bahnfahren vor allem in Deutschland nur was für Menschen mit starken Nerven ist. Herausforderungen an einem nachhaltigeren Reisestil einfach totzuschweigen, hilft auch niemandem weiter. Wenn du Zustimmung signalisierst, hilft auch das eurem Gesprächsklima.
Werde emotional.
Wenn ihr tiefer einsteigt, kannst du auch gerne emotionaler werden. Deine Angst, deine Sorgen darfst du ruhig aussprechen. Vielleicht ist das einer der Punkte, an dem ihr echte Gemeinsamkeiten finden könnt, denn es ist gut möglich, dass deine Cousine sich genauso viele Sorgen macht wie du. Möglicherweise hat sie aber noch gar nicht so intensiv darüber nachgedacht, dass sie mit ihrem Verhalten tatsächlich Einfluss nehmen kann – in die eine oder die andere Richtung.
Fokussier dich auf die Big Points.
Deine Tante fährt inzwischen tatsächlich mit der Bahn in den Urlaub, macht sich aber wenig Gedanken über Plastikverpackungen, isst mit Begeisterung Rumpsteak und kauft auch im Winter Erdbeeren, weil sie sie so mag?
Freu dich mit ihr über die tollen Bahnerlebnisse und tappe nicht in die Falle, über jede Klein-Klein-Entscheidung mit ihr zu diskutieren.
Anderen ein schlechtes Gewissen zu machen, weil nicht jede einzige ihrer Entscheidungen nachhaltig ist, ist der sicherste Weg, das Thema zum Problemthema zu machen. Wir leben derzeit in einem nicht-nachhaltigen System. Mit unseren individuellen Entscheidungen können wir etwas verändern, ja, aber nur begrenzt. Und nur gemeinsam.
Wir retten die Welt nicht dadurch, dass wir uns gegenseitig für unsere Alltagsentscheidungen kritisieren. Viel wichtiger ist, dass immer mehr Menschen sich für systemische Veränderungen einsetzen – mit Handabdruck-Maßnahmen genauso wie an der Wahlurne.
Suche Abstand.
Solltet ihr gar keine gemeinsame Basis finden, so dass gar nichts mehr geht: Zieh dich raus. Das hilft nicht nur in heißgelaufenen Klimagesprächen, sondern in allen Konfliktsituationen. Etwas Abstand tut gut. Hol dir ein Glas Wasser aus der Küche, verschwinde auf die Toilette oder mach einen Spaziergang – alleine oder mit jemandem, der deine Position teilt oder zumindest versteht. Oder bitte einfach darum, auf ein anderes Thema zu wechseln, das weniger Konfliktpotenzial hat.
Warum überhaupt über das Klima sprechen?
Wenn das alles so schwierig ist – warum sollen wir dann überhaupt über das Klima sprechen? Ist es nicht besser, das Thema einfach unter den Tisch fallen zu lassen? Um des lieben Friedens willen?
Das tun wir ja schon viel zu oft. So oft, dass das Problem, was dabei entsteht, einen Namen hat: Schweigespirale.
Wenn wir denken, dass wir mit unserer Meinung alleine sind, schweigen wir lieber darüber. Und wenn wir darüber schweigen, glauben die anderen, dass das Thema uns nicht interessiert. Und schweigen ebenfalls. Wir unterschätzen also gemeinsam die Bedeutung, die das Thema für uns hat. Die Sorgen, die wir uns machen. Und den Veränderungswillen.
Übers Klima zu sprechen, ist also immens wichtig – um anderen zu zeigen, dass wir das Thema wichtig finden. Und um selber dabei herauszufinden, dass wir damit nicht alleine sind. Denn in den meisten Fällen wird es mehr Gemeinsamkeiten geben, als man vorher dachte.
Möchtest du mehr darüber wissen, wie du wirkungsvoll und mit möglichst wenig Streit über das Klima sprechen kannst? Dann empfehle ich dir das großartige Handbuch „Über Klima sprechen“ von Christopher Schrader. Das kannst du als Buch vom oekom-Verlag im Buchhandel kaufen oder es kostenlos bei Klimafakten lesen, anschauen oder samt Übungen herunterladen. Wenn du lieber Podcasts hörst, findest du die gleichen Themen im Climaware-Podcast von Gabriel Baunach aufbereitet.
Vielleicht habt ihr ja mehr gemeinsam als ihr denkt?
Vielleicht stellst du ja fest, dass dein Gegenüber deine Sorgen so sehr teilt, dass er oder sie zum Klimabuddy werden könnte? Dann könnt ihr als nächstes überlegen, welche Hebel ihr gemeinsam habt, um die Veränderung hin zu einer nachhaltigeren Welt anzuschieben. Gemeinsam geht das nämlich noch viel besser.
Los geht’s!
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