Du magst es kurz?
Unsere Ernährung ist für etwa ein Viertel aller Treibhausgase verantwortlich. Dazu kommt ein enormer Verbrauch von Wasser und Land. Aber darin steckt auch eine riesige Chance für den Klimaschutz. Am wirksamsten ist, wenn wir alle mehr Pflanzen essen und weniger Lebensmittel verschwenden.
Darum geht‘s
- Wie alles mit allem zusammenhängt
- Unsere Ernährung und die planetaren Grenzen
- Regenwälder verschwinden
- Wasser wird zur Mangelware
- Pestizide bedrohen Natur und Artenvielfalt
- Lebensmittel erzeugen Treibhausgase
- Worauf es wirklich bei einer klimafreundlichen Ernährung ankommt!
Stell dir vor, in deiner Mensa oder Kantine gibt es jeden Tag mehrere vegetarische und vegane Gerichte zur Auswahl. Du kannst dir viel frisches Gemüse leisten, weil keine Mehrwertsteuer mehr darauf liegt. Zum Einkaufen radelst du zum Öko-Markt in deinem Viertel. Manchmal gönnst du dir ein saftiges Steak. Ohne schlechtes Gewissen. Du weißt ja, woher es kommt. Und dass insgesamt nur noch so viele Tiere gehalten und gegessen werden, wie unsere Erde verkraftet.
Klingt sehr entspannt, oder? Das liegt daran, dass sich in dieser Welt die Verhältnisse um uns herum geändert haben. So können wir ganz leicht unser Verhalten ändern, ohne uns ständig den Kopf zu zerbrechen. Man nennt das auch faire Ernährungsumgebungen. Unfair dagegen ist, wenn uns überall billige Fleisch-Burger oder XXL-Becher mit Softdrinks locken und wir mühsam nach gesünderen und nachhaltigeren Alternativen suchen müssen.
Ich möchte unbedingt in so einer schönen neuen Lebensmittelwelt leben, du auch? Eine Welt, in der lecker, gesund und klimafreundlich das „neue Normal“ ist. In der Tiere wirklich artgerecht gehalten werden (wie auf dem Artikelbild). Aber wie kommen wir dahin? Dazu erhältst du hier demnächst viele Ideen. Vor allem dazu, wie du deinen eigenen Handabdruck nutzen kannst!
Vorher möchte ich dir aber einen kleinen Überblick geben, wie unsere Ernährung überhaupt mit der Klimakrise zusammenhängt. Worauf es wirklich ankommt und worauf du nicht zu viel Energie verschwenden solltest.
Landwirtschaft, Ernährung und Klimakrise – alles hängt mit allem zusammen
Es tut mir leid, aber eine einfache Antwort auf die Frage: „Was hat mein Essen mit dem Klima zu tun?“ gibt es nicht. Es ist kompliziert, aber auch spannend. Denn es geht um nicht weniger als unser gesamtes System der Landwirtschaft und Ernährung. Darum, wie das, was wir essen, die Erderwärmung vorantreibt. Und darum, wie der Klimawandel unsere Lebensgrundlagen gefährdet. Beides beobachten wir schon lange. Und beides wird sich verschärfen, wenn wir statt der heute acht Milliarden Menschen schon in wenigen Jahren neun Milliarden sind und irgendwann sogar zehn.
Unsere Ernährung ist weltweit für etwa ein Viertel aller Treibhausgase verantwortlich.
Ich kann es selber oft kaum glauben, wie groß der Einfluss unserer Ernährung auf das Klima ist. Wusstest du, dass unser Ernährungssystem für etwa ein Viertel aller Treibhausgase verantwortlich ist? Wie die Landwirtschaft unsere Lebensmittel erzeugt, wie Lebensmittel transportiert und verarbeitet werden, hat einen immensen Effekt. Ganze Regenwälder werden zum Beispiel abgeholzt, um Platz für Palmölplantagen oder für Getreide und Soja als Futtermittel zu schaffen.
Das alles, damit die Menschen der reichen Länder täglich billige Lebensmittel und am liebsten billiges Fleisch essen können. So, als ob es kein Morgen gäbe und die Ressourcen unserer Erde unerschöpflich sind. Das sind sie aber nicht.
Planetare Grenzen oder „wir essen unsere Erde auf“
Vielleicht hast du schon einmal von den planetaren Belastungsgrenzen gehört. Die müssen wir einhalten, um die Lebensgrundlagen auf unserer Erde für die Menschen nach uns zu bewahren. Tatsächlich machen wir genau das Gegenteil: Wir essen unsere Erde auf. Sechs von neun dieser Grenzen sind nämlich schon überschritten. Der Klimawandel ist davon eine der wichtigsten. Weitere planetare Grenzen sind die Landnutzung, also die Fläche, die wir zum Beispiel für Tierfutter oder Lebensmittel brauchen. Oder die biologische Vielfalt.
Die gute Erkenntnis daraus ist: Wenn die Ernährung so eine große Rolle spielt, steckt darin doch auch eine riesige Chance, richtig? Und tatsächlich lässt sich all das, was du in den nächsten Absätzen liest, durch eine große Ernährungswende lösen. Zum Glück hat die ja auch schon angefangen. Es gibt ganz viele Beispiele, was wir wie ändern können. Ganz viele Menschen, die sich dafür einsetzen. Aber es braucht mehr Tempo und es müssen alle mitmachen.
Regenwälder verschwinden
Zurück zu den Regenwäldern. Der Amazonas-Regenwald ist ein trauriges Beispiel für einen gefährlichen Klimakipppunkt. Regenwälder sind enorm wichtig für ein kühles Klima, denn sie entziehen der Luft Treibhausgase und speichern Kohlenstoff. Werden Bäume gerodet und verbrannt, um zum Beispiel Weideflächen für Rinder oder Tierfutter zu schaffen, passiert genau das Gegenteil: Es gelangt auf einen Schlag sehr viel Kohlenstoff als Treibhausgas CO2 in die Atmosphäre und ihr Speichereffekt ist für immer verloren. Das heizt die globale Erwärmung immer weiter an.
Die klimatische Funktion des Regenwaldes. ZDF/TerraXPress/Christiane Mayer/Anna-Lena Neidlinger, CC BY 4.0, via Wikimedia Commons
Wasser wird zur Mangelware
Die Abholzung von Wäldern ist nur ein Beispiel dafür, wie unser Essen den Planeten belastet. Doch leider ist das nicht alles. Landwirtschaft verbraucht außerdem sehr viel Wasser. Wasser, das als Folge der Klimakatastrophe in vielen Anbauregionen knapp wird.
Zum Beispiel in Spanien. Dort regnet es seit Jahren kaum noch. Damit wir auch im Winter Tomaten oder anderes „Sommergemüse“ essen können, muss man dort das Grundwasser anzapfen und so spitzt sich die Lage immer mehr zu.
Besonders schlecht schneidet Fleisch beim Wasserverbrauch ab. In einem Kilo Rindfleisch stecken 15.400 Liter virtuelles Wasser. Virtuell deshalb, weil das meiste davon nicht die Kühe trinken, sondern ihre Futterpflanzen benötigen – vor allem Getreide, Mais und Soja. Wie schlimm das für die Umwelt ist, hängt davon ab, ob das Wasser als Regen vom Himmel fällt oder aus Grundwasser, Flüssen und Seen stammt. Solange es in Ländern wie Deutschland (noch) viel regnet, ist der Wasserfußabdruck von Lebensmitteln nicht unser größtes Problem. In wasserarmen Regionen wie Kalifornien, Sizilien oder Spanien aber schon.
Pestizide bedrohen Natur und Artenvielfalt
Als wäre das noch nicht genug, verschmutzen Dünger und Pestizide unsere Luft, unser Wasser und unseren Boden. Das zerstört ganze Ökosysteme, die über Millionen von Jahren entstanden sind. Neben der Klimakatastrophe haben wir also auch noch eine Biodiversitätskrise. Dieser zugegeben etwas sperrige Begriff bedeutet: Mehr als 44.000 Tier- und Pflanzenarten sind vom Aussterben bedroht.
Aber was hat das mit uns, unserem Essen und dem Klimawandel zu tun? Eine ganze Menge. Ein gutes Beispiel ist das Insektensterben.
Vielleicht hast du nach einer langen Autofahrt schon einmal bemerkt, dass kaum noch Insekten auf der Windschutzscheibe kleben. Früher war das anders. Das mag ein makabres Beispiel sein, doch es zeigt, wie sehr sich die Lage verändert hat.
Die Klimakrise und der Verlust der biologischen Vielfalt verstärken sich gegenseitig. Denn alles hängt mit allem zusammen. Ein Teufelskreis, der unser gesamtes Nahrungsmittelsystem gefährdet.
Dass es immer weniger Insekten gibt, ist schon heute ein Problem für die Landwirtschaft. Viele unserer Nutzpflanzen wie Apfel-, Kirsch- oder Nussbäume, Heidelbeersträucher, Gurken- oder Kürbispflanzen brauchen Insekten als Bestäuber.
Insekten und ihre Larven sind außerdem Nahrung für andere Tiere und wichtig für Weiden und Äcker: Sie verdauen die Kuhfladen, bringen Luft in den Boden und sorgen auch darin für Artenvielfalt. Nicht nur Pestizide töten Insekten. Die Erderwärmung stresst sie zusätzlich. Zu milde Winter und lange trockene Sommer bringen den Rhythmus von Insekten und Pflanzen durcheinander.
Dazu gibt es übrigens ein tolles Video in der Reihe MaiThinkX – Die Show (bei dem du auch mal lachen darfst).
Lebensmittel erzeugen Treibhausgase
Wenn du dich mit einer klimafreundlichen Ernährung beschäftigst, landest du unvermeidlich und sehr schnell beim CO2-Fußabdruck von Lebensmitteln. Weil die Erderwärmung in erster Linie durch CO2-Emissionen verursacht wird, ist er das zentrale Kriterium. Er zeigt, wie viel CO2 und andere Klimagase entlang des ganzen Weges eines Lebensmittels entstehen.
Beim Rind fängt dieser Weg beim Tierfutter an. Er endet an der Kasse, wo du das Steak oder den Burgerpatty bezahlst. Auch der Transport spielt natürlich eine Rolle. Beispiel Ananas: Eine „Flug-Ananas“ verursacht 25mal mehr Treibhausgase als eine mit dem Schiff transportierte.
Wenn du magst, kannst du dich sehr lange mit den CO2-Bilanzen von Lebensmitteln beschäftigen. Du kannst darüber grübeln, ob du frische Tomaten aus Deutschland oder Spanien, passierte Tomaten in der Dose oder Glasflasche kaufst. Allein für Tomaten hat das IFEU-Institut neun Werte berechnet. Schau dir gerne die Veröffentlichung an: Ökologische Fußabdrücke von Lebensmitteln und Gerichten in Deutschland.
Ob du frische Tomaten, Dosentomaten oder Passata aus dem Glas verwendest, verändert die CO2-Bilanz deines Mittagessens kaum.
Du kannst das Ganze aber auch abkürzen. Denn sinnvoll für dich als Einzelne*n ist das Grübeln über die Tomaten mit der besten CO2-Bilanz nicht. Es geht auch einfacher: Tierische Lebensmittel wie Fleisch, Käse und Milch erzeugen immer viel mehr Treibhausgase als pflanzliche wie Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte, Getreide oder Nüsse. Wenn du deine Spaghetti Bolognese klimafreundlicher kochen möchtest, vergiss also die Tomatenfrage und nimm einfach halb so viel Hackfleisch oder teste mal ein vegetarisches Rezept.
Worauf es wirklich bei einer klimafreundlichen Ernährung ankommt!
Es macht also wenig Sinn, wenn du dich im Klein-Klein verlierst. Stell dir mal einen typischen Supermarkt vor. Der bietet im Schnitt 15.000 Lebensmittel an. Unmöglich, hier bei jedem Einkauf die richtige Wahl zu treffen. Dazu müsstest du dir bei jedem Teil, was du in deinen Wagen legst, Gedanken über den gesamten ökologischen Fußabdruck machen. Also neben CO2 auch über den Verbrauch von Wasser, Fläche, Phosphat aus der Düngung und Energie. Über den Plastikmüll, der unsere Ozeane verschmutzt, habe ich noch gar nicht gesprochen.
Die gute Nachricht: Du musst dich damit nicht im Detail beschäftigen. Es reicht, wenn du auf die wirksamsten Hebel achtest:
- Mehr Pflanzen auf den Teller.
- Weniger Lebensmittel in die Tonne.
- Mehr Bio-Lebensmittel.
Wenn du dich an diesen drei Faustregeln orientierst, reduzierst du deinen persönlichen CO2-Fußabdruck schon gewaltig. Und das Allerwichtigste: Du kannst die gesparte Zeit und Energie in deinen persönlichen Klima-Handabdruck investieren. Das heißt, andere Menschen mitnehmen auf deinem Weg zu einer klimafreundlichen Ernährung. Der Effekt auf die Klimakrise ist dann ungleich höher.
Deine wichtigsten Schritte: Mehr Pflanzen auf den Teller. Und andere Menschen dabei mitnehmen.
Ganz konkrete Tipps, wie du möglichst einfach möglichst klimafreundlich essen und andere zum Mitmachen motivieren kannst, bekommst du hier demnächst in weiteren Artikeln. Abonnier am besten direkt unseren Newsletter, wenn du die auf keinen Fall verpassen möchtest.
Falls du direkt Lust auf mehr Hintergründe und Zusammenhänge hast, haben wir einen App-Tipp für dich: In der ForkRanger-App findest du jeden Tag ein weiteres Puzzlestück zum Thema Ernährung und Klima – und direkt dazu passende Rezepte. (Auch wenn die Seite hinter dem Link auf Englisch ist: Die App gibt es inzwischen auch auf Deutsch!).
Los geht’s!
Headerbild: Gabriela Freitag-Ziegler