Steckdosen, dekoriert mit grüner Wiese. Bild von Sumanley xulx auf Pixabay

Deine Klima-Hebel für mehr grünen Strom

 Darum gehts

Aktuell entfallen etwa 6 % des durchschnittlichen CO2-Fußabdrucks auf Strom. Dieser Anteil wird noch steigen, wenn wir Strom für mehr E-Autos und Wärmepumpen brauchen. Dazu kommen immer mehr stromfressende KI-Anwendungen.

Die gute Nachricht: Auch hier gibt es wirksame Klima-Hebel. Manche davon lassen sich sogar bequem von der Couch aus umlegen.

Das fossile Zeitalter geht zu Ende

Wusstest du, dass in Deutschland schon mehr als die Hälfte des Stroms durch erneuerbare Energien erzeugt wird? Im Jahr 2023 lag der Anteil bei 56 % und auch aktuell werden immer mehr Windkraft- und Solaranlagen in Betrieb genommen. Das spart nicht nur COein, sondern lässt auch den Strompreis langfristig sinken. Denn Strom aus erneuerbaren Energien ist im Vergleich zu fossilem Strom jetzt schon günstiger, und dieser Trend wird in den nächsten Jahrzehnten anhalten.

Außerdem wird die Stromversorgung immer dezentraler. Das heißt, der Strom kommt nicht mehr ausschließlich von großen Konzernen. Stattdessen werden die Menschen vor Ort und die Kommunen zu Stromproduzenten, indem sie Solaranlagen auf Dächern installieren, Balkonkraftwerke anschaffen und eigene „Bürgerwindräder“ betreiben. 

Trotzdem gibt es noch viel zu tun, damit die Energiewende gelingt.
An dieser Stelle wird es jetzt ein bisschen technisch. Es lohnt sich trotzdem, dranzubleiben, um zu verstehen, wo unsere gemeinsamen und deine persönlichen Hebel für die Energiewende liegen.

Wasser, Wind, Sonne: Warum wir einen Mix brauchen

Die ersten Ökostromanbieter lieferten Wasserkraft aus Norwegen oder Österreich – einfach, weil es damals (in den 1980er und 1990er Jahren) noch viel zu wenig Ökostrom in Deutschland gab. Wasserkraft lässt sich in Gezeitenkraftwerken, die die Energie von Ebbe und Flut aufnehmen, oder auch in Talsperren gewinnen.

Wasserkraft hat einen riesigen Vorteil: Sie ist ziemlich unabhängig vom Wetter und von der Jahreszeit. Der Strom steht also ständig zur Verfügung.

Wasserkraftwerke sind aber auch umstritten, weil sie viel Platz benötigen, den natürlichen Flussverlauf stören und in die Lebensräume von Tieren und Pflanzen eingreifen. In Deutschland trägt die Wasserkraft aktuell zu etwa 3 bis 4 % der Stromproduktion bei. Laut Umweltbundesamt ist das Potenzial damit weitgehend erschlossen.

Zwei Windkraftanlagen auf einem Feld. Foto von Arno Senoner auf Unsplash

Wind- und Sonnenenergie machen dagegen schon jetzt zusammen etwa 50 % der Stromproduktion aus und sollen weiter ausgebaut werden. Wind und Sonne werden oft in einem Atemzug genannt, auch weil sie das perfekte Paar sind: An bewölkten, windigen Tagen ist die Windkraft führend, an sonnigen, eher windstillen und langen Sommertagen die Sonnenenergie.

Idealerweise hätte also jede Kommune ihr eigenes Windrad und alle städtischen Dächer wären mit Photovoltaik-Anlagen zur Nutzung von Sonnenenergie ausgestattet. Damit würden die Bürger*innen dezentral und günstig mit Strom versorgt und könnten über Bürgerbeteiligungen sogar finanziell profitieren.

Tatsächlich sieht die Realität ganz anders aus. In Norddeutschland, an den Küsten und auf dem Meer gibt es riesige „Windparks“, also viele Windräder, die hier besonders effizient arbeiten. Im Süden hingegen gibt es vor allem Solaranlagen – nicht nur auf Hausdächern, sondern auch entlang von Autobahnen und Bahntrassen. Das ist auch eine politische Entscheidung, weil viele Menschen sich am Anblick von Windrädern stören.

Aber Strom wird ja immer und überall gebraucht. Stromausfälle sind nicht nur lästig, sondern können auch lebensgefährlich sein (deshalb hat jedes Krankenhaus eine Notstromanlage). Oder sie gehen ins Geld (z. B. in der Stahlproduktion). Gerade die Industrie wehrt sich daher immer noch gegen ein Szenario ganz ohne fossilen Strom. Denn Gas, Öl und Kohle lassen sich lagern und jederzeit verbrennen.

Wir brauchen auch mehr Stromnetze

Strom aus erneuerbaren Energien ist also abhängig vom Wetter und wird außerdem in Nord- und Süddeutschland zu unterschiedlichen Zeiten produziert. Damit der Strom dort ankommt, wo er gebraucht wird, reichen die aktuellen Stromnetze nicht aus. Neue Stromtrassen müssen gebaut und neue Kabel im Boden verlegt werden, um die Energiewende zu schaffen.
Besonders schlimm: Aktuell werden Windenergieanlagen sogar häufig abgeschaltet, damit das Netz nicht überlastet wird.

Hochspannungsleitungen transportieren Strom. Foto von Matthew Henry auf Unsplash

Wie können wir grünen Strom speichern?

Windstille Winterlandschaft. Bild von Ursula auf Pixabay
An so einem Tag herrscht vermutlich “Dunkelflaute”.

Zusätzlich zu mehr und größeren Netzen brauchen wir bessere Speichertechnologien. Dann könnten wir in Spitzenzeiten den überschüssigen grünen Strom für die „Dunkelflaute“ aufheben. Damit ist eine Wetterlage gemeint, in der weder die Sonne scheint noch ausreichend Wind weht. Stell dir einfach einen nebligen, aber windstillen Januartag vor.

Zum Speichern von Strom gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die einfachste Variante sind Akkus – das kennst du vom Handy. Zum Beispiel kann Strom in den Batterien von E-Autos gespeichert und wieder zurück ins Netz gespeist werden. Bisher spielen Akkus keine große Rolle, das kann sich aber ändern, wenn Großbatterieprojekte umgesetzt werden, wie aktuell in Niedersachsen.

Der Hype um “grünen Wasserstoff”

„Grüner Wasserstoff“ ist eine andere Möglichkeit, die Energie aus Strom chemisch zu binden und so zu speichern. Dabei wird in sogenannten Elektrolyseuren Wasser (H2O) in seine Bestandteile Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2) zerlegt. Ein Windpark könnte also Strom an einen Elektrolyseur liefern, in dem dann Wasserstoff hergestellt wird.

Der Haken: Die Herstellung von Wasserstoff ist teuer. Das liegt zum einen daran, dass es noch viel zu wenige solcher Elektrolyseure gibt. Zum anderen ist die Nutzung von Wasserstoff nicht sehr effizient. Wenn Strom in Wasserstoff umgewandelt wird und dann wieder zurück zu Strom, geht etwa 70 % der Energie verloren. Grüner Wasserstoff sollte deshalb für Anwendungen reserviert werden, für die es keine fossilfreie Alternative gibt. Dazu gehören die Stahlproduktion und bestimmte Prozesse in der chemischen Industrie.

Warum Atomkraft keine Lösung ist

Immer wieder wird auch die Atomkraft ins Spiel gebracht, um die Klimaziele zu erreichen. Es ist richtig, dass beim Betrieb von Kernkraftwerken kein CO2 entsteht. Aber es gibt einige Gründe, die gegen Atomenergie sprechen.

Zum einen entsteht radioaktiver Abfall, der für viele Jahrtausende schädliche Strahlung erzeugt, und für den es immer noch kein Konzept gibt, wie er sicher gelagert werden könnte. Auch das Risiko von Störfällen ist zwar gering, aber trotzdem vorhanden.

Außerdem sind die Kosten hoch: Kernkraftwerke müssen gebaut und regelmäßig geprüft und gewartet werden. Der Brennstoff Uran muss – zum Beispiel in Ländern wie Russland und Kasachstan – eingekauft werden. Transporte von Uran und radioaktiven Abfällen sind teuer und aufwendig. Nur durch staatliche Subventionen ist der Betrieb überhaupt finanzierbar.

Dazu kommen noch Gefahren durch den Klimawandel selbst: In Trockenzeiten kann das Wasser knapp werden, das für die Kühlung dringend benötigt wird. So mussten im Hitzesommer 2022 mehrere französische Atomkraftwerke abgeschaltet werden.

Die Energiewende wird sowieso schon sehr viel Geld kosten – die Investitionen sollten also besser in den Ausbau von Sonnen- und Windenergieanlagen, Stromnetz und Speichern fließen.

Dein größter Hebel: Wechsel zu Ökostrom

Nun hast du einen Überblick über die zahlreichen Möglichkeiten. Strom zu gewinnen und zu speichern. Aber was kannst du konkret tun? LED-Lampen einschrauben, Steckdosenleisten mit Schalter kaufen, weniger Serien streamen?

Alles nicht verkehrt, aber mit geringem Effekt. Ein viel größerer Hebel ist es, Ökostrom zu beziehen. Ökostromtarife kosten mittlerweile etwa genauso viel wie konventionelle. Informationen findest du zum Beispiel bei Finanztip oder Ökotest. Idealerweise wählst du einen Anbieter, der zusätzlich in den Bau grüner Energieanlagen investiert.

Aber was bedeutet es, wenn du Ökostrom kaufst? Bekommst du dann auch nur Ökostrom geliefert? Ganz so ist es nicht. Der gesamte im Netz vorhandene Strom wird auch mit einem See verglichen. In diesen „Stromsee“ fließt Strom aus allen möglichen Quellen: Kohle- und Gaskraftwerke, Solaranlagen, Windräder. Den bekommst du geliefert, so wie vorher auch.

Der große Unterschied ist: Dein Anbieter kauft gezielt Ökostrom ein, so dass mehr Ökostrom ins Netz gelangt. Wenn das viele Menschen machen, wird also der gesamte Stromsee mit der Zeit grüner! Genau das lässt sich gut beobachten: Der Anteil an erneuerbaren Energien ist in den letzten 30 Jahren von etwa 5 % auf über 50 % gestiegen.

Der Anteil der erneuerbaren Energien ist vor allem bei der Stromerzeugung in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Quelle: Umweltbundesamt

Strom vom Balkon

Sogenannte „Balkonkraftwerke“, also Mini-Solaranlagen, die man auch als Mieter*in einfach ans Balkongitter montieren kann, werden immer beliebter, auch weil die bürokratischen Auflagen 2023 deutlich vereinfacht wurden.

Anders als bei „großen“ Solaranlagen auf dem Dach bekommst du bei Balkonkraftwerken in der Regel kein Geld, wenn du deinen eigenen Strom ins Netz einspeist. Du solltest also darauf achten, möglichst viel von deinem eigenen Strom direkt tagsüber zu verbrauchen, oder zusätzlich einen Speicher zu kaufen.

Tipp: Wenn es in deiner Nachbarschaft schon Balkonkraftwerke gibt, veranstalte doch eine  „Balkonsolarparty“, um mehr über Anschaffung und Installation zu erfahren. Lade Menschen dazu ein, die ihre Erfahrungen mit dir teilen möchten. Ganz nebenbei lernst du so auch deine Nachbar*innen besser kennen 🙂

Genossenschaften: Energiewende ganz konkret vor Ort

Wie wir schon gesehen haben, braucht es für die Energiewende neben der Sonnen- auch die Windenergie. Wenn du den Ausbau der Windkraft fördern (und auch finanziell davon profitieren) möchtest, kannst du Mitglied in einer Genossenschaft werden, die gemeinsam ein Windrad finanziert. Beispiele gibt es dafür schon wie hier in Ostwestfalen. Manche Genossenschaften sind auch breiter aufgestellt und fördern sowohl Solar- als auch Windkraft, wie heutestadtmorgen in Köln.

Auf einen Blick: Deine Klima-Hebel für mehr grünen Strom

Wir unterscheiden hier zwischen Maßnahmen, die deinen CO2-Fußabdruck verringern, und solchen, die deinen Handabdruck vergrößern. Davon hast du noch nie gehört? Dann schau doch in diesen Beitrag.

Fußabdruck-Maßnahmen

  • Wechsele zu einem Ökostrom-Anbieter.
  • Wenn du die Möglichkeit hast: Installiere ein Balkonkraftwerk oder eine Photovoltaik-Anlage bei dir zu Hause.

Handabdruck-Maßnahmen

  • Organisiere eine (Balkon-)Solarparty in der Nachbarschaft.
  •  Tu dich mit deinen Nachbar*innen zusammen, um beim Kauf von Balkonkraftwerken einen Mengenrabatt auszuhandeln, und unterstützt euch gegenseitig bei der Montage.
  • Schließe dich Energiegenossenschaften an, die Wind- und Solarenergie installieren.
  • Frage nach: Wie wird in deiner Stadt Strom erzeugt? Wie sieht der Plan aus, auf erneuerbare Energien umzusteigen? Braucht es vielleicht ein Bürgerbegehren, um schneller voranzukommen?

Wenn viele sich engagieren, können wir erneuerbare Energien zum Standard machen – und das ist viel besser, als bei jedem Serien-Marathon ein schlechtes Gewissen zu bekommen.

Los geht’s!

Headerbild: Pixabay

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Ute
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