Du magst es kurz?
Überreiche Menschen gefährden mit ihrem Lebensstil unser aller Zukunft. Denn: Je reicher, umso größer der CO2-Fußabdruck.
Ihr Geld würde stattdessen dringend für einen ökologisch-nachhaltigen Umbau gebraucht. Deshalb ist eine sinnvoll eingesetzte Vermögenssteuer einer der größten Hebel für mehr Klimaschutz.
Darum geht‘s
Je reicher, umso klimaschädlicher
Erst kürzlich hat Amazon-Gründer Jeff Bezos halb Venedig gemietet, um seine Hochzeit zu feiern. Über 90 Privatjets mit Promi-Gästen landeten dafür in der Lagunenstadt. Ein paar Monate vorher flog seine Verlobte Lauren Sánchez an Bord einer seiner Raketen mit Popsängerin Katy Perry für zehn Minuten ins All. Der Gewinn für die Menschheit aus einer dieser Aktionen? Null. Der CO2-Ausstoß? Irrwitzig.
Der Lebensstil von Millionärinnen und Milliardären schadet unserem Planeten. Schnelle Autos, überdimensionierte Villen, Luxusyachten und Privatjets pumpen in kürzester Zeit mehr CO2 in die Atmosphäre, als die ärmere Hälfte der Menschheit in ihrem ganzen Leben verursacht.
Ungleich verteilte Schäden
Gleichzeitig sind diejenigen, die am stärksten zur Erderhitzung beitragen, auch die, die sich am besten vor den Folgen ihres Tuns schützen können. Schließlich sind all ihre Villen, Yachten und Flugzeuge klimatisiert. Falls es ihnen in Florida trotzdem zu heiß wird, fliegen sie halt nach Schweden. Und selbst wenn die Villa nach einem Starkregen den Hang hinabrutscht oder unkontrollierbaren Waldbränden zum Opfer fällt – die Zweit- oder Drittresidenz ist nur einen Privatflug entfernt.
Währenddessen schwitzen Menschen in Dachgeschosswohnungen oder verlieren all ihr Hab und Gut durch Unwetter. Und jedes Jahr gibt es alleine in Deutschland mehrere Tausend Hitzetote.
Anpassen an die Erderhitzung?
Was wir an Sommertagen wie heute (während ich das schreibe, sind es draußen vor meinem Bürofenster 38° C) oder anhand der zunehmenden Unwetter und Starkregenereignisse deutlich merken: Die Klimakrise ist längst da. Verhindern lässt sie sich nicht mehr. Wohl aber eindämmen.
Wir brauchen deshalb zwei Dinge:
- Anpassungsmaßnahmen, damit möglichst wenig Menschen unter den Folgen der Klimarkrise leiden.
- Schnell greifende Maßnahmen, die dafür sorgen, dass es nicht schlimmer wird.
Einer der zentralen Gründe, warum beide Maßnahmen zu wenig umgesetzt werden: Sie kosten Geld.
Wer entscheidet, wo investiert wird?
Moment, Apropos Geld. Hat Jeff Bezos, über den wir oben so geschimpft haben, nicht sein Vermögen verschenkt, damit es gegen den Klimawandel eingesetzt werden kann?
Genau das meldeten die Zeitungen vor ein paar Jahren. 10 Milliarden Dollar hat Bezos damals wohl in den Bezos Earth Fund gesteckt. Ist doch super, oder?
Nun ja.
Mal abgesehen davon, dass Bezos zu diesem Zeitpunkt mit ca. 177 Milliarden Dollar der reichste Mensch der Welt war und die 10 Milliarden weniger ihm kaum aufgefallen sein dürften, kann und darf Wohltätigkeit Einzelner niemals die Lösung für unsere Probleme sein.
Denn darüber, was mit dem Geld gemacht wird, entscheidet dann nach wie vor der selbsternannte Wohltäter. Im Fall von Bezos wurden die Milliarden maßgeblich in den Handel mit Klimazertifikaten gesteckt. Eher ein kosmetisches Hin- und Herschieben von Papieren als ein Bekämpfen der Ursachen. Und als Trump an die Macht kam, zog Bezos das Geld aus diesen Initiativen, zack, einfach wieder ab. (Vergessen wir mal, dass ihm die Stiftung nebenbei noch jede Menge Steuervorteile verschaffte. Heute besitzt er übrigens ca. 224 Milliarden US-Dollar… )
Wohltätigkeit vs. Gemeinwohl
„Überreiche Menschen, die entscheiden dürfen, wohin sie ihr Geld spenden, entscheiden gleichzeitig, was vermeintlich wichtig ist.“
Marlene Engelhorn
Das Grundsatzproblem an Wohltätigkeit: Wer das Geld hat, hat die Macht. Die Macht, zu entscheiden, wofür das Geld eingesetzt wird. Und auch die Macht, seine Meinung jederzeit zu ändern.
Was wir statt Wohltätigkeit deshalb brauchen, ist Gemeinwohl. Wir brauchen Mittel, die der Gemeinschaft zur Verfügung stehen und zum Wohl der Gemeinschaft eingesetzt werden. Und über die Verwendung dieser Mittel sollte konsequenterweise auch die Gemeinschaft entscheiden.
Millionenerbin Marlene Engelhorn fordert das als Mitgründerin der Initiative #TaxMeNow schon seit Jahren. Weil der österreichische Staat sich nicht in der Lage sieht, ihr von ihrem zweistelligen Millionenerbe ausreichend Steuern abzunehmen, hat sie den Großteil ihres Erbes gespendet und die Gemeinschaftsentscheidung darüber, wofür das Geld eingesetzt wird, selbst organisiert. 50 zufällig ausgewählte Bürger*innen haben im „Guten Rat für Rückverteilung“ beschlossen, dass das Geld an 77 verschiedene Organisationen verteilt wird. Großartige Initiative. Aber eigentlich wäre das die Aufgabe des Staates. Mal abgesehen davon, dass Marlene Engelhorn eine große Ausnahme ist.
Reichtum bringt Macht
Wer das Geld hat, hat die Macht. In vielerlei Hinsicht. Und übermäßiger CO2-Ausstoß ist bloß der offensichtliche Faktor, mit dem Überreiche dem Klima schaden. Weniger offensichtlich ist der Schaden, der durch die Konzentration an Macht entsteht. Jahrzehntelang ist es Ölmilliardären wie den Koch-Brüdern gelungen, uns allen vorzugaukeln, das mit dem Klimawandel sei ja gar nicht so schlimm. Obwohl sie seit den 1970ern wussten, was das Verbrennen von fossilen Brennstoffen für Folgen hat, haben sie immer mehr Öl, Gas und Kohle aus dem Boden geholt. Weil sie damit von Tag zu Tag noch reicher wurden. Und weil niemand sie daran gehindert hat. Denn mit dem Geld aus ihren fossilen Unternehmen haben sie politische Entscheidungen und die öffentliche Wahrnehmung beeinflusst.
Mehr wissen?
Wenn du mehr darüber wissen möchtest, wie die Fossillobby bis heute Politik und öffentliche Meinung beeinflusst, um immer reicher zu werden, lies Christian Stöckers Buch Männer, die die Welt verbrennen (gibt es auch bei der Bundeszentrale für politische Bildung, derzeit allerdings vergriffen).
Und wie stark alleine die Koch-Brüder Einfluss genommen haben und noch nehmen, wird außerdem in diesem YouTube-Video eindrucksvoll zusammengefasst.
Machtkonzentration gefährdet die Demokratie
So immens die Klimakrise ist – sie ist noch nicht einmal unsere einzige Krise. Dass wir sie nicht in den Griff bekommen, liegt auch daran, dass parallel dazu unsere Demokratie in einer tiefen Krise steckt. Die Krisen sind eng miteinander verknüpft, denn beide haben ihre Ursachen unter anderem in der Konzentration von Geld und damit Macht. Dass einzelne Menschen Kommunikationsplattformen, Soziale Medien oder Zeitungen kontrollieren können, lässt sich nur noch unter dem Begriff „toxischer Reichtum“ zusammenfassen und bringt gerade sogar die USA, die Vorzeigedemokratie der westlichen Welt, zu Fall.
Und weitere Demokratien sind in Gefahr. Wenn wir den Prozess nicht stoppen. Schnell. Denn wer den Faschisten der Welt zuhört, dem wird schnell deutlich: Ohne Demokratie kein Klimaschutz.
Umgekehrt gilt dasselbe: Ohne Klimaschutz keine Demokratie. Denn wenn unserer Zivilisation die Lebensgrundlage unter den Füßen wegbricht (schmilzt, brennt, überschwemmt…), wenn Nahrungsversorgung und medizinische Versorgung zusammenbrechen, steht damit auch unsere demokratische Grundordnung in Flammen.
Also müssen wir mal eben das Klima und die Demokratie retten. Klar, kein Problem.
Aber wie soll das gehen? Indem wir alle nur noch mit Stofftaschen einkaufen gehen?
Vermögen für alle
Das so simple wie entscheidende Stichwort für die Lösung dieser großen Krisen lautet: Gerechtigkeit.
Diese Welt hat genug Vermögen, Platz und Nahrung für alle. Wir müssen es nur gerechter verteilen. Momentan sieht es so aus, dass das reichste 1 % fast die Hälfte des globalen Vermögens besitzt, während wiederum beinahe die Hälfte der Welt unter der Armutsgrenze lebt. Diese Schere öffnet sich immer weiter, und seit der Pandemie ist es sogar noch schlimmer geworden. Eigentlich kein Wunder, dass sich alles schief und falsch anfühlt.
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Die ganz einfache Formel lautet also:
- Die Überreichen müssen von ihrem Geld abgeben.
- Dieses Geld muss dem Gemeinwohl zur Verfügung stehen und in die Finanzierung unserer Grundbedürfnisse und den Erhalt unserer Lebensgrundlagen gesteckt werden.
Wie wäre es, wenn Staaten, Städte und Kommunen nahezu unbegrenzt Geld zur Verfügung hätten, um zu investieren? In Energiewende, Verkehrswende und Ernährungswende, in soziale Sicherheit und nicht zuletzt in Bildung, Bildung, Bildung.
Stellt euch eine Welt vor, in der ausreichend Geld vorhanden ist für:
- den Ausbau erneuerbarer Energien, dezentraler Stromnetze und Speichertechnologien
- klimafreundliche Mobilitäts-Infrastruktur, zum Beispiel
- zuverlässigen, pünktlichen, schnellen und kostengünstigen, vielleicht sogar kostenlosen ÖPNV
- den Ausbau von Bahnverbindungen, von Schnellzügen und Nachtzügen, damit Kurz- und Mittelstreckenflüge überflüssig werden
- den Ausbau von Fahrrad- und Fußgänger-Infrastruktur
- die Entsiegelung und Begrünung von Städten, damit wir besser gegen Starkregenereignisse und Hitzewellen geschützt sind
- Nachbarschaftscafés, Kulturzentren, Jugendtreffs und andere Begegnungsstätten
- klimatisierte Krankenhäuser und Pflegeheime mit genügend ausgeschlafenen, gut bezahlten Pflegekräften
- gelebte Inklusion und Unterstützung von Menschen mit Behinderung
- Sprachkurse und gezielte Integration von Geflüchteten
- gut ausgestattete Schulen und Kindergärten, in denen nicht gleich alles zusammenbricht, wenn zwei Erzieher*innen gleichzeitig krank werden
- staatlichen Wohnungsbau oder Förderung von genossenschaftlichem Wohnen, damit jede*r die Möglichkeit hat, bezahlbaren Wohnraum zu finden
- ein Grundeinkommen, mit dem jede*r die wichtigsten Grundbedürfnisse decken kann, statt mit einem immer weiter eingeschränkten Bürgergeld mehr schlecht als recht über die Runden zu kommen
- die staatliche Förderung ehrenamtlicher Tätigkeiten, damit das, was wirklich wichtig ist, nicht auf der Strecke bleibt, weil niemand es sich leisten kann, sich darum zu kümmern.
Kurz: Eine Welt, in der bei allen Entscheidungen nicht zuerst aufs Geld, sondern auf das Wohl und die Zukunft aller geschaut wird. Ist das nicht eigentlich der Sinn von Politik? Soll sie nicht eigentlich dafür sorgen, dass wir in Richtung einer für alle gerechten Welt steuern?
Mit Steuern endlich steuern
Steuern gibt es in Deutschland schon seit dem frühen Mittelalter. Und tatsächlich wurden sie damals hauptsächlich dafür genutzt, den Lebensstil der herrschenden Klasse zu sichern. Auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung.
Eigentlich dachten wir, wir hätten das Mittelalter hinter uns gelassen, oder? Sollten Steuern heute, in einer Demokratie, nicht im Interesse der Gemeinschaft eingenommen und ausgegeben werden? Wie wäre es, wenn wir mit Steuern endlich steuern? Und zwar in die richtige Richtung?
Zu den größten Hebeln, um wieder Steuergerechtigkeit herzustellen, gehört die Vermögenssteuer. Und – Überraschung – die gab’s sogar schon mal. Genau genommen gibt’s sie sogar noch, sie ist nur ausgesetzt. Das heißt, seit 1997 wurde sie nicht mehr erhoben.
Der Grund damals war eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass der Wert von Grundstücken und Immobilien wegen einer veralteten Einheitsbewertung nicht mehr angemessen berechnet und damit unterschiedliche Vermögenswerte ungerecht behandelt wurden. Das Gericht forderte damals eine Anpassung der Grundbesitzbewertung. Die damalige Bundesregierung unter Helmut Kohl entschied sich stattdessen dafür, die Vermögenssteuer auszusetzen. Zu kompliziert, sagten sie.
Seitdem haben vor allem CDU und FDP sich erfolgreich gegen ein Wiedereinsetzen der Vermögenssteuer gewehrt. Spätestens jetzt ist der ursprüngliche Grund aber tatsächlich weggefallen. Denn 2025 ist die Grundsteuerreform in Kraft getreten. Also steht einer gerechten Bewertung von Immobilien und Grundbesitz nichts mehr im Wege.
Es ist allerhöchste Zeit für die Wiederaufnahme einer Steuer auf große Vermögen. Und ja, es sollte dabei selbstverständlich Freibeträge geben, so dass die Vermögenssteuer wirklich nur diejenigen betrifft, die sich weder um ihr Auskommen noch um ihre Rente Sorgen machen müssen.
Mit Steuern endlich steuern. In die richtige Richtung.
Natürlich ist die Vermögenssteuer bei weitem nicht der einzige finanzielle Hebel, an dem wir ansetzen können, da gibt es noch mehr.
- Eine gerechte Erbschafts- und Schenkungssteuer beispielsweise könnte ebenfalls zu mehr Gerechtigkeit beitragen. Das „Netzwerk Steuergerechtigkeit“ hat sich damit ausführlich auseinandergesetzt und einen ausgewogenen Vorschlag erarbeitet.
- Eine reformierte Mehrwertsteuerregelung könnte klimafreundliche Produkte finanziell attraktiver machen und klimaschädliche Produkte teurer. Simples Beispiel: Heute zahlen wir auf Kuhmilch nur 7 % Mehrwertsteuer, auf deutlich klimafreundlichere Haferdrinks oder andere Pflanzenmilch dagegen 19 %. Das ließe sich ändern. Wenn wir nur wollen.
- Und wie war das mit der Steuer auf Kerosin? Kerosin, also der Treibstoff, der die meisten Flugzeuge in die Luft bringt, ist in der gewerblichen Luftfahrt komplett von der Mineralölsteuer befreit. In Zeiten der Klimakrise schwer zu begreifen. Und definitiv nicht gerecht. Wie man die Luftverkehrssteuer gerechter und im Sinne des Klimaschutzes gestalten könnte, hat zum Beispiel Germanwatch sehr ausführlich herausgearbeitet.
Ich bin überzeugt: Wenn Steuern endlich dazu genutzt würden, in Richtung einer gerechteren, nachhaltigeren Welt zu steuern, würde das sehr schnell zu radikalen Verbesserungen für alle führen. Die Politik müsste nur endlich das Gemeinwohl in den Vordergrund stellen. Ist das wirklich so schwer?
Dein größter Hebel: Was kannst du jetzt und heute tun?
Vielleicht fragst du dich schon die ganze Zeit: Na toll, und was kann ICH jetzt tun?
Tatsächlich hast du aktuell einen richtig großen Hebel. Denn es gibt endlich eine #TaxTheRich- Bundestagspetition, die das Wiedereinsetzen der Vermögenssteuer fordert. Wenn sie das nötige Quorum erreicht oder – besser noch – eine Rekordsumme an Unterzeichnenden erhält, muss sich nicht nur der Petitionsausschuss des Bundestages damit befassen, sondern sie wird auch für Medienaufmerksamkeit sorgen. Je mehr Stimmen, umso besser. Also:

- Unterzeichne die Petition.
- Teile die Petition – auf Social Media, in deinem Messenger-Status, überall, wo du Reichweite hast. Material dazu gibt’s hier.
- Sprich mit Freundinnen, Nachbarn, Eltern, Geschwistern und anderen Verwandten darüber.
- Druck dir die Unterschriftenliste aus und sammle Unterschriften in der Fußgängerzone, auf dem Straßenfest oder wo du sonst so unterwegs bist.
Falls der Petitionszeitraum schon vorbei ist, wenn du das hier liest: Informiere dich, wie es damit weitergegangen ist. Unterstütze das Netzwerk Steuergerechtigkeit. Und vor allem: Hör nicht auf, darüber zu sprechen.
Lasst uns gemeinsam Steuergerechtigkeit wieder auf den Tisch bringen. Für Demokratie UND für’s Klima.
Los geht’s!
Mehr wissen?
📖 Lesetipps
Wenn du dich noch ausführlicher mit Steuergerechtigkeit beschäftigen möchtest, kann ich dir die beiden folgenden Bücher empfehlen:
📗 Tax the rich. Warum die Reichen zahlen müssen, wenn wir die Welt retten wollen. Von Jørgen Randers und Till Kellerhoff.
📗 Toxisch reich. Warum extremer Reichtum unsere Demokratie gefährdet. Von Sebastian Klein.
Headerbild: Stefano Tanasi via Unsplash
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